Die Schlange der Menschen war lang, sehr lang. Der Mann stand irgendwo in der Mitte und wartete mit den anderen.
Es ging sehr langsam vorwärts. Es war genug Zeit, um über alles Mögliche noch nachzudenken und wenn er den Schritt nach vorn verpasste, bekam er vom Hintermann einen Knuff mit dem Ellenbogen. Das war normal und üblich unter den Männern.
Er war einer von vielen, die auf der Suche nach einer Arbeit gewesen sind und sich auf die Anzeige in der Zeitung gemeldet haben.
Es war ein großer Konzern, einer der sich auf Bergbau spezialisiert hatte und jetzt Schürfrechte in der ganzen Welt kaufte. Fast wöchentlich wurden neue Schächte zu Förderung der Erze aufgemacht und dafür wurde auch Personal gebraucht. Ausgebildetes Personal war gefragt und wurde entsprechend teuer bezahlt.
Der Mann schaute sich genervt um, nach ihm war die Schlange ähnlich lang, wir vor ihm, es ging sehr schleppend voran. Ihn hatten sie wegen seiner Erfahrung mit Pferden mit Kusshand genommen und der Lohne, der in Aussicht gestellt wurde war hoch. Er sollte sich um die Pferde kümmern, die im Schacht eingesetzt wurden.
Arme Tiere, sie fuhren jung ein und kamen erst alt wieder ans Tageslicht, wenn sie es überhaupt schafften. Das Arbeitsleben war lang und sie mussten sich auf die Enge und die Dunkelheit einstellen. | Der Mann seufzte, wer weiß, was ihn da erwartete. Angeblich wurden die Pferde ja geachtet und gut gepflegt, es fehlte an erfahrenem Personal. Aber nun stand er ja hier und wartete auf seine erste Einfahrt in den Schacht.
Der Mann war nervös. Er selbst hatte auch noch nie in einem Schacht gearbeitet. Nicht dass er Platzangst hatte, aber es war schon eine Umstellung, finster, eng und harte Arbeit.
In der Hand hielt er die Papiere, die er dem Steiger am Förderkorb vorweisen musste, um die Fahrt zu beginnen. Acht Stunden Arbeit, dann war es ja vorbei und er konnte ausfahren, aber die Pferde blieben unten, im Finsteren, im Schacht.
Der Mann freute sich jetzt schon auf seine Ausfahrt, auf das Ende der ersten Schicht. Wahrscheinlich wird er sich auf das Bett schmeißen und erst einmal richtig ausschlafen, bis er dann am nächsten Tag wieder einfahren muss.
Der Vertrag läuft über fünf Jahre. Wer hat schon einen so lange geltenden Vertrag über einen Job, der ihm auch noch Spaß macht? Er war schon ein Glückspilz.
Der Mann lächelte. Er musste ja auch einmal Glück haben im Leben. Arbeiten konnte er, auch harte Arbeit war ihm nicht fremd. Und irgendwann sind fünf Jahre vorbei und dann sehen wir weiter... | Die Papiere in der Hand des Mannes raschelten im Wind. Sein Blick fiel auf drei Seiten mit Maschine beschriebenes Papier, automatisch begann er den Text noch einmal zu überfliegen. Ah, da stand ja auch das heutige Datum, seine erste Einfahrt.
Seine erste Einfahrt?
Das stand da aber nicht, das hatte er sich gewünscht. Da stand Einfahrt. Seine Einfahrt sollte heute sein und in fünf Jahren wieder raus?
Fünf Jahre unter Tage?
Der Mann sah sich um, die Schlange hatte nicht abgenommen, alle warteten geduldig.
Er schritt einen Schritt zur Seite, in seiner Hand knüllten die Papiere und fielen leise raschelnd in den Sand.
Der Mann drehte sich um und verließ langsam das Grubengelände. Sein letzter Gedanke war:
"Arme Pferde".
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